Massiver Aktionärsgroll regt sich, wenn Risiko- und Ertragsbalance durch den Staat gestört werden. Die “Übergewinn”-Abschöpfung ist eine solche Diskussion. Aber was ist eigentlich “Übergewinn”? Oder: Wie soll man bei plötzlicher Abschöpfung einen Business-Case rechnen? Oder: Was ist mit der Privatautonomie? Das ist “Enteignung”! Oder: Vertrauensschaden misst man nicht.
Das sind Bedenken der Vergangenheit und dem politischen Kollateralschaden zuzuordnen. Der warnende, wirtschaftsliberale Widerstand wurde im Energiepreis-Hype niedergemacht – so mancher Vorstand und die EU leisteten Schützenhilfe. Der Beweis gelang: Krise machts möglich. Die “Übergewinn”-Abschöpfung bei Energieunternehmen ist ein verlockender, dogmatischer Sündenfall – er pickt.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Forderung nach Abschöpfung im Wunschkonzert gespielt wird. Irgendwo kriselt es immer. Irgendwo verdient immer wer. So profitieren aktuell Finanzinstitute üppig an der Zinsspanne von erhaltenem Kreditzins und gezahlten Einlagezins. Das “alte” Bankgeschäft ist zurück. Über ein Jahrzehnt haben sich Banken durch eine Nullzinspolitik der EZB geschlängelt. Ein Sparprogramm folgte dem nächsten. Die Inflationsbekämpfung der Europäischen Zentralbänker lässt Kreditzinsen hochschnellen: Dispokredite betrifft es zuerst. Wer sich nicht verschulden muss, tut es nicht. Andere haben keine Wahl und hoffen auf staatliche Quersubvention. So forderte das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut in den Ostertagen eine Übergewinnabschöpfung auf Bankengewinne und eine KÖSt-Erhöhung – für Unterstützungszahlungen, Klimaschutz und Sozialstaat. Konsequent wäre demnach eine Getränke-Übergewinnabschöpfung für die Durstigen, eine Nahrungsmittel-Abschöpfung für die Hungrigen usw.? Politisch vorteilhaft wäre es sicher. Der “Übergewinn”-Sündenfall bringt ein Ping-Pong in Gang, deren Auswirkungen keinesfalls polemisch sind.
Auf dem Weltmarkt setzt der Markt die Preise für Energie oder Zins. Eine gewisse Besonnenheit ist von Nöten – ökonomisch und politisch. Mit steuerlicher Kontinuität und gewissen Subventionen kann man rechnen. Das Spiel mit panikartiger Anlassbesteuerung ist Gift für Investoren, wie Aktionäre. Sie wandern ab und stellen ihr Eigenkapital anderen Ländern und Unternehmen zur Verfügung. Die aktuellen Energiepreise zeigen, dass die “Übergewinn”-Diskussion obsolet geworden ist. Gleiches wird für die Zinsspanne eintreten. Ein “Übergewinn” kommt in globalen Gleichungen nicht vor. Das Thema war und ist unnötig.
Im Börsen-Kurier Nr. 15 am 12. April veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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