Der IVA hatte an dieser Stelle vor Monaten eine Vorahnung: Die Meldungen von Thinktanks sind zuweilen ernst zu nehmen. Nun macht es wiederum Italien vor und plant eine fiskalische Abschöpfung von “Übergewinnen” für die Banken. Eine Absurdität in der liberalen Marktwirtschaft, welche die EU ja darstellen soll. Die Meloni-Regierung überschreitet den Rubikon mit dem Hauptargument der Nicht-Weitergabe von Zinserträgen an die Sparer – eine gewisse Tradition solcher Maßnahmen lässt sich verorten. Internationale Investoren kehren den Aktien den Rücken.
Wie schon bei der Übergewinn-Debatte der Energieunternehmen koloriert die Abschöpfung auch die österreichische Sommerruhe, profitieren doch die hemischen Banken außerordentlich gut von der Zinspolitik der EZB. Mag das italienische Argument auch den politischen Parteien hierzulande teilweise (populistisch) gefallen, sind die Gründe für das gute Geschäft tieferliegend. Die regulative Knechtschaft, die jahrelange massive Sparpolitik und letztlich die Digitalisierung des Geschäfts haben die Retailbanken zu einem Wüstenboden werden lassen, auf den nun der lang ersehnte Spread-Regen fällt. Wie lange er andauert und wann er wiederkommt ist fraglich. Ob der Regen ausreichend ist, um die drohenden Müllhalden der Bankbilanzen (Stichwort: Commercial Real Estate, Insolvenzwelle, usw) auszuschwemmen, mag bezweifelt werden. Wird auch der Regulator mit der Kapitalausstattung zufrieden sein, der Bankaktionär sieht seine Erträge mit solchen Abschöpfungsplanspielen gefährdet.
Sicherlich wünscht sich der Sparer höhere Zinsen, der zahlende Aktionär wünscht sie sich nicht. Letztlich ist es eine klassische Marktfrage, wer Kunden und Einlagen generieren kann. Das regulatorische Gefuchtel der EZB in solchen Fragen oder die grüne Transformationsfinanzierung einmal außen vorgelassen.
Dass nun gerade den italienischen Banken – mit kostenintensivem Sondermüll gespickte Risiko-Quarantänefälle – die dringend benötigten Reinigungserträge von staatlicher Seite entzogen werden sollen, mithin Investoren verprellt werden, erzeugt spannenden Erklärungsbedarf.
Doch vielleicht mag man die Italo-Banken an der kurzen politischen Leine halten – mit aller Verantwortung des Steuerzahlers? Waren es nicht die Südländer, einschließlich Italien, die jahrelang Inflation und höhere Zinsniveaus forderten? Nun ist die Situation eingetreten und offensichtlich kann man in Rom kaum abwarten. Die Kenntnisse von wirtschaftlichen Systemen und Zyklen sind vergessen. Anstatt das Vertrauen in die heimische Marktwirtschaft (endlich) zu realisieren, soll schnell abgecasht werden. Effekt: Die Verantwortung für Aber-Milliarden schwieriger Banken bleibt beim Steuerzahler – ohne Exit-Perspektive über Generationen. Jahrelange wirtschaftliche Disziplinierungsübungen zur Erlangung von Anlegervertrauen werden mit einem Federstrich staatlicher Gier gefährdet.
Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.
Im Börsen-Kurier Nr. 33 am 23. August veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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