Der Präsident der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn wirkt erfreulich spaßbefreit. Beruhigend nüchtern konzentriert er sich auf seine Aufgabe der “Anwalt des Staates” zu sein. In seiner Tätigkeit erlangte er in den vergangenen Monaten besondere öffentliche Aufmerksamkeit indem er die geplante Insolvenzstruktur der Eigenverwaltung des Signa-Imperiums juristisch zerschoss. Pointiert ntutze er das kleine Kaliber, von einigen hunderttausend Euro Steuerschuld, um das Sanierungs-Gewurschtl zu beendet. Gewurschtl? Dieser Eindruck muss entstehen, wenn der Schuldner offensichtlich genüssliche Bootstouren unternimmt oder seine menschliche Macht mit einem Jagdfoto untermauert – ohne René Benko wäre Georg Dornauers Ausflugserinnerung mit Traditionskopfbedeckung weit weniger “wichtig” gewesen.
Längst kocht die Seele vieler anderer Insolventer, Gläubigervertreter und Bürger, die keine Lust auf Einserschmäh haben. Eine glaubhafte Transparenz erreichte man so nicht. Nicht zuletzt muss hinterfragt werden, ob es sich um bloßes Unvermögen des Masseverwalters handelt oder der gesetzliche Spielraum einfach missbraucht wird. Vermutlich beides. Bei Letzterem setzt Peschorn an und fordert Transparenz aus Benkos “Laura-Privatstiftung”-Dunstkreis, ja es müsse auch eine Art Konzernhaftung durch die involvierten Personen “fingiert” werden. Er sieht juristische Ansätze. Dahinter entfaltet sich ein spannendes und gewagtes Infragestellen mit der Konsitituion des Privatstiftungssystems in Österreich.
Seit Jahrzehnten hat sich die Rechtsform Privatstiftung und die ähnliche Struktur in Lichtenstein zu einem formidablen “sicheren Hafen” für Kapital entwickelt. Kapital, welches hinter der Brandmauer der Stiftung gebunkert wurde, galt gemeinhin als fast unangreifbar. Extrem wenige nachteilige Einzelfälle bestätigen das Erfolgsmodell. Jedoch bröseln auch die sichersten Rechtskonstruktionen, wenn persönliche Haftungsfragen ausexekutiert werden. Kaum ein seriöser Beobachter glaubt, dass Benko vor der Insolvenz nicht die Zentralgestalt seiner mannigfaltigen Strukturen gewesen ist. Nach der Insolvenz mag er wohl auch weiterhin zentraler Nutznießer der Privatstiftungen sein. Eine mehr als schiefe Gesamtoptik entsteht: Ist eine eventuell auf Missbrauch und Umgehung angelegte Struktur schutzwürdig? Ob man persönlich dafür haften möchte, ist klärungsbedürftig.
Die große Mehrheit der Privatstiftungen und deren Anleger hat ein großes Interesse daran, langfristig Rechts- und Planungssicherheit zu erlangen. Viele Stiftungsvorstände leisten gute Arbeit und sichern Industriebetriebe, Vermögen und Arbeitsplätze nachhaltig in Österreich. Privatstiftungen sind mithin ein wichtiges Element der heimischen Finanzwirtschaft.
Wenn nun die Brandmauer aus nachvollziehbaren ethischen Gründen aufgeweicht wird, so ist größte Vorsicht geboten. Denn gerade diese recht solide Ausgestaltung der Rechtsform macht ihren Charme aus. Das berechtigte Transparenzerfordernis läuft Gefahr, ins Fahrwasser der “Beliebigkeit” zu geraten. Diese Entwicklung gilt es jedenfalls zu verhindern.
Im Börsen-Kurier Nr. 1-2 am 9. Jänner 2025 veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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