Die Ablehnung der Eigenverwaltung und der folgende Konkurs der Signa Prime war der Aufruhr der vergangenen Woche. Für manche erwartet, obsiegte der Chef der medienpräsenten Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, für die Republik mit seinem Ansinnen. Man mag seine Position im Falle Signa kurios finden, ein Standard sollte es nicht sein.
Vorab: In der Insolvenzszene hat sich in den letzten Jahren viel getan. Der Wettbewerb um das “beste” Insolvenz-Regime hatte Europa ergriffen. Besonders glänzte das Vereinigte Königreich mit praktischen Ansätzen. Schnelle Entschuldung oder gar die Herbeiführung eines Hair-Cuts durch Gläubigermehrheitsbeschluss waren dort machbar. Ein System, welches viele Fans fand und zu neuen Gesetzen geführt hat – die Eigenverwaltung oder vorinsolvenzliche Verfahren wie das ReO (Restrukturierungsordnung), das Pendant zum strittigen deutschen StaRUG (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz), fanden hier ihre Inspirationen. Sie verdeutlichen zwei Ziele: Unter bestmöglicher Gläubigerbefriedigung sollen Arbeitsplätze erhalten und die zügige, nachhaltige Überlebenssicherung des Unternehmens erreicht werden. Eigentlich sehr positive Ziele, die in der Vielzahl zu gewünschten Abmilderungen der Zahlungsunfähigkeit führen. Hierin mag man einen Standard für die Zukunft sehen, der Augenmaß erfordert.
Zurück zu Signa: Sind die Ziele hier erreichenswürdig? Arbeitsplätze: Signa bestand aus wenigen Dutzend hochbezahlten Immobilienmanagern. Eine echte Schutzwürdigkeit ist hier eher eine Einzelfallbetrachtung als die Abwehr eines sozialen Großereignisses. Man wird es verneinen. Zeitnahe Überlebenssicherheit? Diese Frage erfordert einen Blick in das Geschäftsmodell. Dieses teilte sich in hunderte Einzelgesellschaften auf, deren Zweck nicht nur die Risikominimierung oder die Verschleierung von Vermögensverhältnissen war, sondern auch branchentypische Bewertungen provozierte plus entsprechende Finanzhebel. So beruhen die Werte bei den Signa-Obergesellschaften auf den Bewertungen der unteren Immo-Vehikel. In der Rezession krachen diese Bewertungen. Finanzhebel werden zusätzlich toxisch. Die Liquidität verdampft schneller als eine Benko-Cochiba. Gerade in den Obergesellschaften noch eine Quote von 30% zeitnah darzustellen, bezweifelte nicht nur Peschorn. Zudem mag sich das Mitleid der Republik in Grenzen halten, da Signa geradezu mit sportlichem Ehrgeiz steuerschonend arbeitete.
Es mag befremdlich klingen, dennoch in einem solchen Szenario den Gesellschaften nicht den nötigen Zeitpuffer durch Eigenverwaltung zu verschaffen und auf eine Markterholung zu spekulieren – wie es vielleicht ein Unternehmer tun würde (siehe Hans-Peter Haselsteiners Kapitalspritzen). Doch ist die Republik kein Geldgeber für eine unbestimmte Spekulationsfrist – und darf es auch nicht sein. Es geht um bereits geschuldetes Steuergeld. Peschorn ist sein Vertreter. Er hat im Signa-Fall eine rote Linie gerichtlich herausarbeiten lassen, der die Ersteller des Sanierungsplans zukünftig strenger in die Pflicht nimmt.
Gleichzeitig hat er ein Exempel statuiert: Der Staat ist kein Sanierungspartner um jeden Preis. Es geht um Glaubwürdigkeit auf beiden Seiten. Seiten, die ihr Augenmaß jetzt neu abstimmen müssen. Insofern ist der Signa-Konkurs eher ein Sonderfall, denn ein Standard.
Im Börsen-Kurier Nr. 45 am 06. November 2024 veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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