Oleg Deripaska zieht die RBI in den Strabag-Konflikt

Die Situation erinnert an ein Schachspiel: Manchmal ist der eigene vermeintlich clevere Vorstoß eine Einladung für Gegner. Es schaukelt sich der Einsatz im Laufe des Spiels immer höher. “Unbeteiligte” gibt es nicht mehr. Dritte Aktionäre zahlen wieder mit.

Die Sanktionsstreitigkeiten um die im Einfluss des russischen Oligarchen Oleg Deripaska stehenden MKAO Rasperia Trading Limited – als Anteilsgegenerin eines rund 24,1-%-Anteils an der heimischen Strabag SE – erleben einen neuen Eskalationsschritt. Mit der Erwirkung einer einstweiligen Verfügung bei einem Gericht in Kaliningrad konnte Rasperia die Aktien an der russischen Tochterbank der RBI, der AO Raiffeisenbank, blockieren – so RBI in der vergangenen Woche in einer Ad-hoc-Aussendung. Der Kurssturz der RBI-Aktie folgte unweigerlich. Gleichwohl geschah dies in dem Wissen, dass RBI AO Raiffeisenbank mit den Auseinandersetzungen um die Strabag-Anteile nichts direkt zu tun hat. Natürlich sind es Aktien auf russischem Terrain und damit Objekt russischer Gerichte. Natürlich ist auch Deripaska bewusst, dass der RBI-Kernaktionär RLB Niederösterreich-Wien indirekt Teil des beherrschenden Strabag-Syndikats ist, schließlich war Rasperia bis zum Exit dort auch Teil des Syndikats.

Deripaska nutzt nun eine Spielfigur, welche von RBI selbst aktiviert wurde: Durch den (abgesagten) Kauf von Deripaskas Strabag-Anteilen und deren Ausschüttung als Sachdividende nach Wien wurde das Eigenkapital der AO Raiffeisenbank zur Verhandlungsmasse. Die Blockade dessen ist nun für Deripaska ein willkommenes Druckmittel und die Gelegenheit Dritte mit hineinzuziehen – zum erhofften Nachteil für den “Gegner” Raiffeisen? Man mag die Vorteilhaftigkeit bezweifeln. War doch gerade RBI mit dem Ankauf an einer Win-Win-Lösung interessiert, gab sich öffentlich unbeweglich und kassierte dafür Kritik. Fällt Deripaska einem vermeintlichen Fürsprecher in den Rücken? Eine gerichtliche Auseinandersetzung in Russland steht bevor. Der Ausgang ist ungewiss.

AO Raiffeisenbank entfernt sich mit dieser juristischen Blockierung weiter von RBI. Die kolpotierte erzwungene Abschreibung bei den RBI-Kernaktionären nährt den Abnabelungsprozess. Konkret geht es um einen niedrigen Milliardenbetrag. Was noch vor wenigen Jahren undenkbar schien, materialisiert sich: RBI ohne Russland. Ein massiver Kollateralschaden, aber keineswegs mehr lethal (ganz im Gegensatz zu einem US-Dollar-Bann durch die US-Behörden). Vielleicht verlässt die Dame das Schachbrett. Es steht jedoch zu befürchten, dass dieses Spiel nur Verlierer hat.

Im Börsen-Kurier Nr. 37 am 12. September 2024 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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