Österreichs Kapitalmarkt: Erste Koalitions-Duftnoten

Aus den aktuellen Koalitionsverhandlungen zum Thema Kapitalmarkt sickert wenig heraus. Der Markt ist hoffnungslos. Eine erfahrungsgenährte Austro-Lähmung erstickt jegliche Euphorie. Neben den politischen Unterschieden scheinen alle denkbaren Maßnahmen unter dem Hammer des Budget-Konsolidierungszwangs zerschlagen zu werden. Zusätzlich herrscht in Teilen der involvierten Volkswirtschaftsberater der Glaube, durch eine steuerliche Bestrafung von Sparern die Umverteilung zu vertiefen, den Binnenkonsum zu steigern und so das Budget zu sanieren. Es droht eine Verböserung der Lage des “Kapitals”. Wenn man dazu noch die Gerüchte um eine Veränderung der ÖBAG oder das Schlagwort “Volkssparbuch” hört, drückt die Forderung nach der Wiedereinführung der KESt-befreienden Behaltefrist einen Gegensatz aus, der beispielhafter kaum sein kann.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Budget ein formidables Loch aufweist und die Sanierung ausgabenseitig nicht leicht wird. Die Baustellen: Renten, Gesundheit, Subventionen oder Eigenkosten erzeugen ein strukturelles Defizit, welches über Jahre hinweg den Staat belasten wird. Ein EU-Defizitverfahren scheint fix. Ein Effizienz-Review ist gefragt.

Also macht man sich auf die Suche nach Geld. Und findet es in der Sparquote der Haushalte. Diese ist hoch. Warum? Die Enteignung der Sparer durch die Inflation hatte in Österreich den EU-Spitzenwert erreicht. Der Kaufkraft-Raub schmerzt bis heute.

Nach wie vor herrscht Angst, wieder durch Intervention zur Kasse gebeten zu werden. Die finanzielle Planungssicherheit ist bei den Bürgern nicht ausreichend! Der Konsum hängt, man (über-)spart. Anreize für den heimischen Aktienmarkt und damit Investitions- und Risikokapital für Wachstum zu generieren, zB durch die genannte KESt-Befreiung, hat man bisher verpasst. Die Konjunktur stottert. Ein Eingriff durch Vermögenssteuern wird die Balance zwischen Geben und Nehmen nachhaltig weiter stören. Die Abwanderung von Kapital ins Ausland ist zwangsläufig. Ein “Volkssparbuch” wird den Effekt nicht verhindern. Der Kapitalbedarf des Staates wird dadurch letztlich nur noch höher.

Doch die Abwanderung kann noch schlimmer werden. Die ÖBAG hat sich als professioneller, ertragreicher Puffer zwischen Staat und internationalem Kapitalmarkt etabliert, der Interventionsfreiheit sei Dank. Das Pflänzchen des Vertrauens ist jedoch noch klein und weiter ausbaufähig. Rück-Politisierungsideen geraten daher nachhaltig und antiquitiert.

Wer die US-Entwicklungen verfolgt, sieht dort einen starken Wunsch nach dem Aufbrechen von Interventionen und Umverteilungsmechanismen. Eine “schöpferische Zerstörung” durch Donald Trump und der amerikanische Erneuerungswille wirken wie eine Antipode zu den Duftnoten aus den Koalitionsverhandlungen. Könnte dieser Ansatz nicht auch überlegenswert sein, es wäre das Beste aus zwei Welten?

Im Börsen-Kurier Nr. 51-52 am 18. Dezember 2024 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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