Mit dem wiederholten Teiltausch der Regierungsmannschaft unter Bundeskanzler Karl Nehammer ist der Vorarlberger Magnus Brunner als neuer Finanzminister angelobt worden. Insbesondere der Kapitalmarkt war von der Performance der Vorgänger wenig überzeugt. Eine gewisse Ungeduld ist spürbar. Ein Finanzminister genießt dabei kaum Welpenschutz. Eine lange Einarbeitungszeit in die aktuellen Probleme bleibt nicht.
So sind erste Statements des neuen Herrn über die Bundesfinanzen mit besonderer Aufmerksamkeit des Marktes gesegnet. Die Hoffnungen richten sich grundsätzlich auf drei Steuerfelder: 1) Wiedereinführung der steuerbefreienden Behaltefrist, 2) Anpassung der Kapitalertragssteuer auf 25% – wie international üblich, 3) Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation.
In einem ersten Interview konnte man nun eher persönliche Rückschlüsse auf das “Ticken” des Bundesministers ziehen: Er besitzt keine Aktien oder Anleihen. Die Kalte Progression verteidigt er.
Natürlich sind Maßnahmen zur Investition, Ökologisierung und Digitalisierung vorrangig – das waren sie immer. Natürlich ist die Bewältigung der Covid-19-Pandemie vorrangig – daran besteht kein wirtschaftlicher Zweifel. Natürlich sind Unternehmenssteuern, eine Pensionsreform usw. wichtig – die Liste der Vorrangigkeiten lässt sich nach Gusto verlängern. Doch irgendwann brennt die Frage der Entlastung des ersparten Eigenkapitals: Und dann ist es zu spät! Mit der ökosozialen Steuerreform wurde eine Gelegenheit zur Entlastung bzw. zur Erleichterung des Eigenkapitals verpasst. Ein kolportiertes Kapitalmarktpaket ist eine Schimäre im Dunst der Regierungsarbeiten. Dabei besteht kein Zweifel, ja Einigkeit darüber, dass ein solches Paket dringend notwendig ist.
Wir brauchen Eigenkapital um die Herausforderungen der Ökologisierung der Wirtschaft zu bewältigen. Wir brauchen Eigenkapital für eine private Altersversorgung. Wir brauchen Schutz gegen eine aktuell kräftige Inflation – und keine Kalte Progression. Steuerpolitik, die mit Nichtstun mehr verdient, Steuerpolitik, die österreichische Sparer im internationalen Vergleich einfach schlechter stellt, oder Steuerpolitik, die steuerliche Lenkung und Vermögensaufbau behindert, brauchen kein Anleger.
Wie auch immer der neue Finanzminister ticken mag, ticken ist gemeinhin eine Frage der Zeit. Daher ist die Frage nur: Wann?
Veröffentlicht im Börsen Kurier von:
Florian Beckermann
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