HV-Gebühren: Österreichischer Aktionärsärger – quer durch Europa

Es ist schon eine besondere Chuzpe, die einige Finanzinstitute an den Tag legen: Gebühren für alles und nicht zu knapp. Was ist schon eine Kontoführungsgebühr? Die Pauschale für nichts? Der Gebührenwahnsinn bringt neues Ärgernis, insbesondere für Aktionäre. Engagierte Kleinanleger sind erzürnt über die neu-erhobenen Gebühren zur Hauptversammlungsanmeldung der UniCredit Bank Austria als Depotbank. Eine Gebühr, die die kleine Dividende (wenn überhaupt) weiter kürzt. Eine Gebühr, mit prohibitiven Transparenzeffekt (Wer wird noch eine Hauptversammlung besuchen?). Eine doppelte Gebühr, bedenkt man, dass vielerorts Emittenten ebenso für die Bearbeitung bei den Depotbanken kräftig zur Kasse gebeten werden.

Absurd wird der Sachverhalt bei grenzüberschreitenden HVs, beispielsweise nach Deutschland: 50 bis 100 € sind in Österreich fällig, im europäischen Schnitt sogar 250 € – belegte die aktuelle Studie von BetterFinance und DSW. Mit dem Effekt, dass mehr als die Hälfte der europäischen Individualanleger nicht zur ausländischen Hauptversammlung kamen. Tendenz steigend. Die zweite Aktionärsrechterichtlinie ist damit ausgetrickst. Sie sollte zu höheren, internationalen Beteiligungen führen und den Binnenmarkt, in Form des Kapitalmarkts, weiter verstärken. Pustekuchen.

Analog dazu liest sich die Bestrebung der Deutschen Kreditwirtschaft, die Zustimmungspflicht zur Girokontengebührenerhöhung abzuschaffen. Gebührenanpassungen via Allgemeine Geschäftsbedingungen sind in Deutschland seit zwei Jahren durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes untersagt. Der Kunde muss Erhöhungen, die innerhalb einer Frist von drei Jahren erfolgen, absegnen. In den bisherigen Erhöhungsrunden verloren die Finanzinstitute jeweils 10 % der Kunden. Die Kreditwirtschaft möchte nun das Bürgerliche Gesetzbuch ändern und drängt das deutsche Justizministerium.

Fazit: Der Kundenärger ist nachvollziehbar. Buhlen doch viele Neobroker und Fin-Techs mit automatisierten und dadurch kostengünstigen Konto- und Depotmodellen. Es ist unverständlich, wieso eine solche Dienstleistung so bepreist sein kann. Schließlich erfolgt eine HV-Anmeldung nicht per Bote oder Brieftaube, sondern ist ein automatisierter Prozess. Gerade in Österreich vertrauen viele der Hausbank. Das Hausbankmodell erodiert, wenn die Leistung nicht mehr stimmt oder absurde Züge trägt. Der IVA empfiehlt Finanzinstituten, die Angemessenheit der Preissetzung zur wahren und transparent zu erläutern. Das Eigentumsgrundrecht des HV-Besuchs soll kein Grundrecht werden, welches jährlich erkauft wird und Dividenden verzehrt.

Veröffentlicht im Börsen Kurier am 01. Februar 2023 von:

Florian Beckermann

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