Während 2023 noch Katerstimmung auf der Expo Real herrschte, ist dieses Jahr Demut eingekehrt. Das lässt sich bereits an der Garderobe der mehrheitlich männlichen Teilnehmer festmachen: Dieses Jahr wurden wieder unauffällige dunkle Anzüge samt Krawatten und farblich abgestimmten Schuhen aus den Kästen geräumt. Kleider als Spiegel einer Branche und ihrer Stimmungslage.
Die Expo Real in München ist der jährliche Treff der Immobilienbranche. Zwischen 7. und 9. Oktober kamen laut Messe München 40.000 Besucher aus 75 Ländern und 1.778 Aussteller, um sich über die neuesten Trends und Entwicklungen auszutauschen.
Verhaltener Optimismus wurde dieses Jahr versprüht. Sinkende Zinsen helfen der Branche. Käufer und Verkäufer finden sich wieder leichter, die Vorstellungen der Verkäufer passen sich der neuen Realität langsam an. Insbesondere im Wohn- und Logistikbereich aber auch bei Hotels ist ein steigendes Interesse an Investments zu bemerken, Retail hat in den vergangenen Jahren langsam wieder Fahrt aufgenommen, während das Büro das Sorgenkind der Branche bleibt. Home-Office und Sparmaßnahmen vieler Unternehmer führen zu sinkendem Bedarf an Büroflächen.
Aber auch nach Ländern und Regionen muss differenziert werden – in Polen und Serbien zieht die Immobilienwirtschaft wieder an, Deutschland und Österreich kämpfen mit anhaltender Rezession. Geopolitische Entwicklungen wie die Wahlen in den USA, der Nah-Ost-Konflikt und der Handelskrieg mit China waren ebenso Gesprächsstoff wie die Regierungsbildung in Österreich. Und auch wenn es keiner in diesem Land gerne hören will: Internationale Investoren werden ein blau-schwarz regiertes Österreich ebenso meiden wie ein von Victor Orbán geführtes Ungarn.
Auch die Finanzierungslage bleibt ein zentrales Thema, wobei sich der Zugang zu Kapital je nach Immobilien-Assetklassen unterschiedlich gestaltet. Es treten vermehrt neue Kapitalgeber und kreative Finanzierungsmodelle auf den Markt, wie Private-Equity und Family Offices, angelsächsische Risikofonds mit entsprechenden Renditeerwartungen und internationale Investoren vor allem aus dem Nahen Osten und Asien.
Und ESG? Die Finanzierer verlangen danach, die Prop-Tech-Szene versucht kreative Lösungen zu entwicklen, und die Bewerter werden die ESG-Kriterien künftig einpreisen müssen – dass der Branche bewusst ist, dass sie sich mit immer komplexeren Rahmenbedingungen, Dekarbonisierung, Energieeffizienz, und Digitalisierung auseinandersetzen muss, sieht man nicht zuletzt an dem eigens für diese Themen eingerichteten Bereich “Transform & Beyond”.
Im Börsen-Kurier Nr. 42 am 16. Oktober 2024 veröffentlicht von Birgit Kraml