An dieser Stelle wurde in der Vergangneheit Unmut über wirtschaftliche Rahmenbedingungen geäußert, ja Fehlentwicklungen aufgezeigt. Der Writschaftsstandort Österreich ist für den heimischen Anleger nicht ausschließlich wertschaffend. Viele ATX-Unternehmen erwirtschaften im Ausland Gewinne. Doch sind die lokalen Rahmenbedingungen ausschlaggebend für die nationale Wohlfahrt und Arbeit. Es ist daher unerlässlich, die internationale Wettbewerbsfähigkeit im Auge zu behalten. Dazu gehört ein Investitionsklima, welches dringend intensiver Fürsorge bedarf. Das ist keine Steuerdebatte.
Gelungene US-Wirtschaftspolitik der Biden-Administration, das Kostenumfeld in Indien und die Orientierung an wachsenden Absatzmärkten in Asien entfalten eine Magnetwirkung, gegen die Alt-Europa inklusive Österreich noch viel älter aussieht, als es eigentlich ist. Stagnation pur. Wenn der wichtigste Handelspartner Deutschland auch 2024 in eine Quasi-Rezession rutscht, sollte Österreich eigene Maßnahmen setzen. Und zwar zügig.
Eine Chance des Ansatzes: Während sich Deutschland nicht entscheiden kann, ob ein jahrzehntelanges steuerliches Umverteilungsspiel, das Bürokratiemonstrum Berlin, ein missglückter Energieausstieg oder Grabenkämpfe um das Binnen-I die Ursache für den (mentalen) Wirtschaftsabschwung sind, gibt es Chancen für eine pragmatischere Vorgehensweise. Ein nachhaltiger Verlass auf die Prinzipien der liberalen Marktwirtschaft gehört ebenso dazu, wie entschlossene Flexibilität – Stichwort WAG-Loop-Ausbau. Exemplarisch zeigt das US-Infrastrukturprogramm “IRA” (kurioserweise “Inflation Reduction Act” genannt), wie ein wirtschaftlicher Abschwung erfolgreich staatlich bekämpft werden kann. Es ist daher ein positiver Schritt, die EU-Schuldenbremse aufzuweichen und Investitionsprogramme für Infrastruktur aufzulegen. Dass auch die Rüstungsindustrie davon in Europa ein Teil werden wird, ist klar.
Hilfreich sollte eine bessere EZB-Zinssetzung sein. Auf das Hochschnellen der Inflation war Frankfurt schlecht vorbereitet. Man reagierte zu spät, beachtet bis heute die falschen Parameter und beharrt zu lang auf hohen Zinsen. Mittlerweile sind wir in der Eurozone wieder auf einem bereinigten Inflationsniveau von 2,1% angelangt (Zielzone), Österreich liegt noch darüber. Inflationäre Sekundäreffekte – etwa durch hohe Lohnabschlüsse – kommen nicht auf der Konsumnachfrageseite an, sind somit nicht inflationstreibend. Energiepreisschocks kann die EZB nicht bekämpfen. Der hohe Zins muss daher fallen. Wann reagiert die EZB?
Bürokratieabbau als große Chance der kleinen Staaten. Viele Unternehmen leiden unter einem Burn-out in Sachen Bürokratie und können sich kaum noch um ihr Kerngeschäft kümmern. Um wieder Fahrt für mutige Investitionen aufzunehmen, muss entschlackt werden. Dies impliziert die Vereinfachung von Prozessen, auch solche die mit Investitionstätigkeiten verbunden sind. Eine Vielzahl von Regulierungen sollten auf Bürokratieintensität überprüft und im Zweifel vereinfacht werden. In diesem Zusammenhang Regelungen zB für die Kreditvergabe zu überprüfen, wäre denkbar. Ähnliches gilt für Baugenehmigungen, Widmungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfungen oder grundsätzliche (juristische) Bremsmaßnahmen (Stichwort: Hamsterschutzzone). Wer darüber hinaus bestehende Usancen wie Lohnnebenkosten vereinfacht, kann den Standort sukzessive verbessern. Das Investitonsklima wird so wieder interessant.
Im Börsen-Kurier Nr. 11 am 14. März 2024 veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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