Es war ein Prestigeprojekt der FDP in der deutschen Ampel- Koalition – und ein wenig von Österreich abgeschaut. Allen voran Finanzminister Christian Lindner machte sich für die Aktienrente, genannt „Generationenkapital” stark und zeigte sich in vielen anderen (linken) Koalitionsthemen kompromissbereit. Das politisch-katastrophale Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts gegen die Umwidmung von 60-Mrd€-Covid19-Kreditlinien sprengt nun in den deutschen Bundeshaushalt einen epochalen Krater. Jetzt steht alles auf dem Prüfstand. Klar ist bereits, dass die Einzahlung von 10 Mrd€ in den Start-Kapitalstock der Aktienrente nicht kommt. Eine Blamage für die FDP droht. Die Finanzindustrie ist brüskiert. Das Finanzierungsproblem der Renten wird weiter ungelöst in die nächste Generation verschoben. Der deutsche Rentner ist angeschmiert.
Die Rente von knapp 26 Mio Rentenbeziehern reißt bereits heute ein massives Loch in den deutschen Haushalt, um die gesetzlich vorgesehene Ausschüttungshöhe zu erreichen. Ähnlich der Situation in Österreich. Mit den kommenden Baby-Boomer-Generationen wird das Loch größer (Tendenz: Mehr als 100 Mrd€). Ziel war es nun, mit der Aktienrente eine Art zweckgewidmete Staatsholding zu schaffen (analog der ÖBAG), deren Erträge ab den 2030er Jahren die Rentenversicherung stützen sollen. Vorbild für die Renten-Politik sind die skandinavischen Länder, darunter auch Norwegen. Dort hat der Aktienmarkt eine Absicherungsfunktion. Über einen staatlichen Aktienfonds finanziert, erhält jeder Norweger eine garantierte Rente von 1.600€ monatlich. Rund eine Billion Dollar ist der Fonds, der durch die Einnahmen der Ölwirtschaft gespeist wird und damit die Rente der Bevölkerung sichert, schwer.
Dass Lindners Projekt nicht nur Freunde hatte, ist klar: Einerseits war fraglich, ob eine schuldenfinanzierte Staatsholding sinnvoll sei – so beispielsweise etwas überraschend dagegen CDU-Chef und Ex-Blackrock-Aufsichtsrat Friedrich Merz („Hedgefund-Methoden”). Andererseits konnte das Management der Assets nicht befriedigend dargestellt werden. Letztlich stellte sich die Frage, ob ein paar Milliarden sinnvoll sind, wenn Billionen-Anlagekapital nötig wäre. Jetzt hüpft das Projekt über die Klinge, die sich, ähnlich wie in Österreich, mit dem Narrativ der Kapitalmarktfeindlichkeit schärft. Eine gewisse Verblendung zum Thema Kapitalmarkt ist auch Deutschland nicht fremd.
Im Kampf gegen die Rentenlücke heißt es nun für den (künftigen) deutschen Rentner: zurück zur Eigeninitiative. Das hat er mit dem Österreicher gemein. Einzig ein minimaler Sparerfreibetrag versüßt die steuerfreie Veranlagung beim nördlichen Nachbarn. Das führt zur Diskussion um die KESt-befreiende Behaltefrist. Die bekommt die hiesige Koalition (noch) nicht hin (#Hoffnung).
Im Börsen-Kurier Nr. 50 am 13. Dezember veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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