Was droht dem Wirtschaftsstandort Österreich als Nächstes?

Realwirtschaft und Börsenwirklichkeit klaffen auseinander. Wirtschaftsvertreter wechseln vom taktischen Alarmismus bald zur Dauer-Sirene. Österreichs Industrieproduktion schrumpft am stärksten in der Euro-Zone (-9,5 %). Staatsquote und Abgabenlast sind am Plafond. Dazu ist der Staat politisch gelähmt. Trotz
Börsenhoch verstärkt sich die Depression – fiskalische Raubideen wie die Bankenabgabe gießen Öl ins Feuer. Der Blick in die USA beruhigt nicht. Ein Update.

Mit der legendären mehrjährigen Verschlafenheit erreichte der ATX Total Return letzte Woche sein Allzeithoch. Der Dax/Nasdaq etc. übertreffen sich seit Jahren. Gerade der Vergleichsindex Dax ist weniger von der Binnenwirtschaft abhängig, er ist vielmehr ein partieller Weltwirtschaftsindex. Die ATX-Höhe hängt fundamental an der Bewertung der Banken und Versicherungen, letztlich dem Zinsniveau. Deutschland und Österreich sind aber Binnenkonjunkturschwächlinge. ATX/Dax sind daher nicht völlig repräsentativ. Die Binnenwirtschaft schlägt Alarm – politische Hilfe vergeudet blind Zeit in Koalitionsverhandlungen. Ein Ergebnis ist nicht zählbar. Ähnlich zur Sicherheitspolitik klaffen auch für die Wirtschaft politischer Gestaltungswille und realitätsgetriebene Erfordernisse auseinander.

Anders in den USA: Die zweite Trump-Regierung prescht mit einem Kahlschlag in Regulatorik und Institutionen sowie massiven Steuerentlastungen derart vor, dass Staatswirtschafts-Europa (und Österreich) nur noch Standort-Rettungspolitik betreiben kann. Donald Trumps System-Axt, geschwungen von Elon Musk, wird aufzeigen, welche Institutionen oder Steuern entbehrlich sind. Frei nach Milton Friedman: „Wirtschafts-, Agrar-, Bildungs-, Wohnbau- oder Arbeitsministerium usw.? Abolish.“ Die USEinkommensteuer (!) wackelt. Die Wettbewerbsvorteile sind kaum zu beziffern. Wenn man noch bedenkt, welche Staatslasten in Europa durch angemessene Verteidigungskosten noch hinzukommen werden, wird der Stress der heimischen Wirtschaft nachvollziehbar. Aber Trump wäre nicht Trump hätte er nicht ein diabolisches Sedativ für Europa in der Tasche: Der schnelle (Zwangs-)Frieden in der Ukraine. Eine Erlösung für die europäische Politik und ein Booster für die Märkte. Die Vorlage für ein politisches Weiterwurschteln mit geringem Erkenntnisgewinn? Langfristig ein sehr teurer Deal für Europa, wohl nicht nur geopolitisch.

Fazit: „Niemals das erste Angebot annehmen“ oder „manchmal ist der beste Deal derjenige, den man nicht macht“ sind Business-Sprüche, die übertragen in die Welt der Politik schwerwiegende (traurige) Konsequenzen haben können. Wir sehen es gerade im Koalitionschaos in Österreich. Andererseits ist das Verschlanken eines Staates, Deregulierung und Kostensenkung wie in den USA gerade vorgemacht, hoch interessant. Österreich wäre nach Jahrzehnten der Staatsausdehnung gut beraten, hier genau abzuschauen. Besser als guter Beifahrer, denn als schlechter. Es geht um mehr als nur Peanuts.

Im Börsen-Kurier Nr. 8 am 19. Februar 2025 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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