“Feuer am Dach” – wie damit umgehen?

“Es ist Feuer am Dach”, stellte der IV-Präsident Georg Knill passend in der ZIB2 neulich fest – endlich ein Lebenszeichen aus der Industrie, abseits der üblichen Schlachtfelder. Und mit seiner Grundaussage hat Knill natürlich völlig recht, es braucht einen Ruck aus Politik und Wirtschaft. Der Trump-Schock sitzt tief, Deutschlands politischer Turnübungsabbruch hilft nicht, irgendeine positive wirtschaftliche Erholungsperspektive für die österreichischen Koalitionsmöglichkeiten zu ersinnen. Gerade die Abhängigkeit von Deutschland und der Automobilindustrie muss den heimischen Industrievertretern den kalten Angstschweiß auf die Stirn transpirieren. Denkt man die Energiethemen hinzu, konsultiert manch einer wohl den Arzt.

Anleger überrascht diese Situation weniger. Aktien, wie Polytec oder auch Pierer Mobility, sind seit geraumer Zeit unter massivem Druck. Letztere kündigte eine Restrukturierung an und verlor wiederum fast 30% – an einem Tag. Die Gründe hierfür umfassen eine Vielzahl der Tasten des betriebswirtschaftlichen Klaviers. Fakt ist, auch Knills Kollege, IV-Präsident Oberösterreich Stefan Pierer, agiert nicht risikolos. Das mag auch nicht überraschen. Die Kernbeteiligung der Pierer Mobility, die heimische KTM AG, braucht dreistellige Liquiditäts-Millionen fürs nächste Jahr. Pierer selbst hat angekündigt, um sein Lebenswerk kämpfen zu wollen. Die Position des Präsidenten einer Industriellenvereinigung scheint jedenfalls mystisch belegt, wenn man sich an Georg Kapsch erinnert. Seit seiner Tätigkeit als solcher kämpft er um das Wiedererstarken des Traditionsunternehmens Kapsch TrafficCom.

Verantwortlich für den Status-quo sieht Knill die Politik, Lohn- und Preisentwicklungen. Österreichs Unternehmen hätten keine Fehler gemacht. Winkt er aus dem Elfenbeinturm? Unternehmer haben massiv Fehler gemacht. Einige Industriezweige haben sich zu sehr auf die Beschwichtigungen ihrer überforderten Berater verlassen, andere haben geopolitische Einflüsse negiert. Wieder andere müssen in der Tat anerkennen, am Weltmarkt nicht mehr bestehen zu können – auch China lernt dazu. Staatliche Leichenschminke kann nicht die Lösung sein.

Insbesondere EU-Regulierungen überrollen Unvorbereitete. Eine administrative Adjustierung ist möglich, jedoch nur im marginalen Bereich. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung bei KMUs einzuführen, wird nicht zu verhindern sein. Ähnliches gilt für die Thematik Lieferketten: Während man in Deutschland mittlerweile partiell erkennt, einen Administrationskoloss geschaffen zu haben, sind manche andere Länder pragmatischer unterwegs. Ein Hoffnungsschimmer für die Umsetzung in Österreich.

Am Rand: Die Angleichung der Löhne an das umliegende Ausland hat auch Vorteile. In Sachen Fachkräfteakquise hat man nun bessere Chancen…, wenn die höheren Steuer nicht wären.

Im Börsen-Kurier Nr. 47 am 21. November 2024 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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