Schwarz-grünes Versagen in Sachen Altersvorsorge

Am vergangenen Freitag war es soweit: Finanzminister Brunner verkündete das Aus einer steuerlichen Verbesserung der eigenständigen Altersvorsorge in dieser Legislaturperiode. Das Thema – auch bekannt als die Rückkehr zur KESt-befreienden Behaltefrist – ist damit vorerst beerdigt. Uns erreichte viel Feedback mit Frust und Enttäuschung.

In der Tat hatte der Koalitionsvertrag sehr konkrete Hoffnungen geweckt. Es wurde eine Chance vertan, etwas für alle Österreicher, insbesondere für junge Anleger, zu tun. Längst ist investieren mit Hausverstand in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dazu gehört eine nachhaltige, diversifizierte Anlagestrategie. An dieser Stelle mehrfach von IVA und Young Shareholders unterstrichen. Die Umfragefakten geben recht. Eine Schuldzuweisung soll an dieser Stelle unterbleiben, da beide Koalitionspartner hier zu Lasten aller heimischen Anleger versagen.

Zu den materiellen Hintergründen sickerte im Vorfeld einiges durch: Zunächst wurde die praktikable Behaltefrist nach altem Modell durch ein komplexes zehnjähriges Altersvorsorge-Kontomodell ersetzt. Dieser Plan beruhte auf dem Umstand, eine Verfassungsmehrheit für diese spezifische kurzfristige Entlastung zu benötigen – so jedenfalls die eingeholten Rechtsgutachten unter anderem von Univ.-Prof. Sabine Kirchmayr-Schliesselberger für die Arbeiterkammer. Anstatt sich um diese Mehrheit zu bemühen, suchte man den kleinsten gemeinsamen Nenner. Es wurde “verhandelt”. Dass eine Steuerentlastung generell eine Verfassungsmehrheit benötigt, ist bereits eine besondere Absurdität. Hernach war unklar, mit welchen Parametern das Kontomodell zu arbeiten hätte. Die kürzlich genannten Ansparvolumina und Mechanismen waren jedenfalls für einige Anleger eher ein “Zuckerl”, als eine echte steuerliche Erleichterung – ganz zu schweigen von der Administration und deren Kosten. Das kann es nicht sein.

Letztlich enttäuschen besonders zwei Elemente: Einerseits schafft es eine konservativ geführte Regierung nicht, etwas für das breite Anlegervolk zu erreichen, während eine Horror-Inflation Vermögen vernichtet. Andererseits gelingt es dem grünen Koalititonspartner nicht, irgendeine grüne steuerliche Incentivierung unterzubringen oder sich gegen die linksradikalen Blindflug-Populisten in den eigenen Reihen zu behaupten – denn genügend wirtschaftsaffine Grüne gibt es. Vizekanzler Koglers Aussagen, dass demnächst der Koalitionsvertrag konkreter formuliert werden müsse, kann nicht davon ablenken, dass in Zeiten eines EU-Green-Deal, einer Taxonomy-Verordnung, SFDR usw. es die heimischen Grünen geschafft haben, sich hier zu verwirklichen. Die Grünen sollten erkennen, dass sie einen globalen Trend verschlafen haben. Die Chance einen nachhaltigen Beitrag zu liefern, will man anderen überlassen? Letztlich haben ÖVP und Grüne in Kernthemen versagt, deren Symbiose eigentlich den stärksten Eindruck hätte machen können.

Der IVA wird jedenfalls nicht aufhören, für vernünftige Entlastungen der Anleger zu kämpfen. Das gilt auch für die nächste Bundesregierung.

Im Börsen-Kurier Nr. 30-31 am 24. Juli 2024 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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