IVA-News 05 / Mai 2024

Causa MEL: Enttäuschung bei Anlegern 

Viele Anleger in der Causa Meinl European Land (MEL) zeigen sich nach der Einstellung des Verfahrens gegen Julius Meinl V & Co enttäuscht. Nach über 15 Jahren Ermittlungen, fast 10.000 Ordnungsnummern, 6 Gutachten, 40 Terabyte an Daten kommt es zu keiner Anklageerhebung.

IVA: „Die Meinl-Riege hat viele Millionen in ihre aufwendige Verteidigung gesteckt. Letztlich ist die Staatsanwaltschaft möglicherweise aus Überforderung in die Knie gegangen,“ so IVA-Vorstand Florian Beckermann, „es bleibt ein teurer Bauchfleck für den Rechtsstaat und damit kein Ruhmesblatt für den Finanzplatz Österreich“.

Tausende Anleger hatten in der Causa MEL viel Geld verloren. Über die Jahre wurden zwar unzählige, mehr oder weniger anlegerfreundliche Vergleiche geschlossen, eine finale strafrechtliche Einordnung erfolgt nun aber nicht. Mit einem Abbruch der strafrechtlichen Ermittlungen war bereits vor Jahren u.a. aufgrund der überlangen Verfahrensdauer gerechnet worden. Zudem sind Personen, gegen die ermittelt wurde, bereits verstorben. Julius Meinl V. hat das Land dauerhaft verlassen, Peter Weinzierl muss in London gegen seine Auslieferung in die USA im Zusammenhang mit der Causa Odebrecht kämpfen. Die Meinl Bank wurde nach Umbenennung und Insolvenz abgewickelt.

AT&S: Einschnitte und Androschs Widerstand

Auf der Jahrespressekonferenz des steirischen Technologiekonzern AT&S wurde überraschend bekannt, dass scharfe Einschnitte in das Geschäft nötig sind. Ein Stellenabbau von 1000 Mitarbeitern, der Verkauf des geostrategisch interessanten Werkes in Südkorea und weitere harte Sparmaßnahmen müssen durchgeführt werden. Eine mögliche Kapitalerhöhung durch die ÖBAG war nach Presseberichten am Widerstand von Aufsichtsratsvorsitzendem und Kernaktionär Hannes Androsch (86) gescheitert. Die Hauptversammlung ist für den 4. Juli 2024 terminiert.

IVA: Diese Einschnitte können im Zusammenhang mit der Eigenkapitalausstattung gesehen werden. Ob Androschs Widerstand im Sinne des Unternehmens war, kann daher diskutiert werden, jedenfalls wäre es durch einen Einstieg der ÖBAG zu einer Verwässerung des 17%-Anteils der Androsch Privatstiftung gekommen. Seit 1995 ist Androsch Aufsichtsratsvorsitzender. Nach internationalen Corporate Governance Standards ist dies untragbar. Androschs Unternehmertum hat zweifelsohne seine Meriten. Aber es zeigt sich einmal mehr, dass in Sachen Governance Fragen nach Interessenskonflikten zu stellen sind.

STRABAG: Deripaska-Deal abgesagt – USA sanktionieren Iliadis – Kapitalerhöhung beendet

Der mittelbare Ankauf des 24,1% STRABAG-Anteils des sanktionierten russischen Oligarchen Oleg Deripaska wurde von der RBI abgesagt. Diese Entscheidung ist nach den intensiven Diskussionen in der Hauptversammlung nicht verwunderlich. Zudem wurde bekannt, dass die OFAC, Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen des US-Finanzministeriums, die neu auftretende Muttergesellschaft der mittelbaren Deripaska-Anteile, die Iliadis JSC, sanktioniert hat.

Auch die Kapitalerhöhung aus dem Unternehmenskapital der STRABAG wurde unterdessen beendet. Hier konnten Aktionäre zwischen einer Barauszahlung und einer Aktienvariante wählen. Für Aktionäre, die den Sachverhalt nicht stetig verfolgt haben, erwies sich die Transaktion im Nachgang als zu komplex. Das Ziel der Verwässerung der mittelbaren Deripaska-Anteile unter 25% konnte jedenfalls erreicht werden.
 

Frauenthal: Rückkaufkosmetik

Die Frauenthal Holding hat am 26. April die Details zum angekündigten Aktienrückkaufangebot zu 23,80 EUR je Aktie bekanntgegeben. Im Hinblick auf den aktuellen Geschäftsbericht zeigt sich Luft nach oben. Frauenthal erzielte im Geschäftsjahr ca. 1,1 Milliarden EUR Umsatz, verfügt über eine sehr solide Bilanz, eine starke Cash-Position und ein nachhaltiges Geschäftsmodell.

IVA: „Mit viel Cash, einem Konzern-Gearing (Verschuldung) von gerade mal 3% und einer herausragenden Eigenkapitalquote in der Einzelbilanz von 96% kann man den Rückkaufpreis von 23,80 EUR wohl eher als (kurs)kosmetische Absicherung bezeichnen. Selbst der Vorstand konstatiert: „Aus Sicht des Vorstands der FHAG sind die Inhaberaktien aktuell unterbewertet“ (Angebotsunterlage auf Seite 21).
Aktionäre, die beim Rückkaufprogramm teilnehmen möchten, können bis zum 24. Mai 2024 um 17:00 verbindlich annehmen.

Addiko Bank: Spannender Bieterwettkampf

Im Kampf um die heimische Addiko Bank hat sich ein weiterer Bieter positioniert. Die slowenische „Nova Ljubljanska Banka“ (NLB) kündigte ein Übernahmeangebot zu 20,00 EUR je Aktie an.

Damit rittern möglicherweise drei Parteien um verkaufswillige Aktionäre. Zuerst hatte sich bekanntlich die „Agri Europe Cyprus“ um den serbischen Geschäftsmann Miodrag Kostic mit einem Teilangebot iHv 16,24 EUR cum Dividende in Stellung gebracht.

Dazu kommt die serbische „Alta Pay“-Gruppe um den bisher hierzulande unbekannten Geschäftsmann Davor Macura. Mit einer überfallsartigen Meldung am 21.5.2024 wurde bekannt, dass diese bereits zum 1. Februar 2024 über „eine Beteiligung von 9,63% aus zu Aktien gehörenden Stimmrechten und 26,83% aus Stimmrechten repräsentiert durch Finanz-/sonstige Instrumente, in Summe sohin 36,46%“ verfügt. Die Meldung erfolgte nach Fristablauf, so Addiko Bank AG in einer Aussendung.

Ein übernahmerechtliches Pflichtangebot steht damit im Raum. Das Management der Addiko Bank reagiert bisher zu allen Angeboten zurückhaltend.

IVA: Die Situation ist – gelinde gesagt – unübersichtlich. Keine der Bietergruppen gilt als regulatorisch „einfach“. Wir empfehlen die schriftlichen Angebote der Bieter und die Stellungnahmen des Vorstands bzw. mögliche regulatorische Einwendungen abzuwarten sowie die Website der Übernahmekommission zu beobachten:
https://www.takeover.at/uebernahmeangebote/.

Jedes Angebot unterliegt einer Reihe von Nebenbedingungen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es im Zuge des Bieterwettkampfs zu Preiserhöhungen kommt.

Florian Beckermann

1130 Wien, Feldmühlgasse 22
Tel. +43-1-8763343-0
Fax. +43-1-8763343-49
florian.beckermann@iva.or.at