Held-to-Maturity: Bombe auf der Marktbilanz?

Eigentlich ist das Bond-Portfolio mit der Bezeichnung “Held-to-Maturity” (“HtM”, deutsch “Halten bis zur Fälligkeit”) eine spannungsarme Angelegenheit. Hierbei handelt es sich um nicht derivative Vermögenswerte mit bestimmbaren Zahlungen und fester Laufzeit, die das Institut bis zur Fälligkeit im Bestand behalten will. Beispiele sind Anleihen mit fester Endfälligkeit, bei denen kein Kursrisiko besteht, weil sie am Fälligkeitstag zu 100 % zurückgezahlt werden.

So weit, so fad? Im Gegenteil: Die Kategorie hat in den letzten Monaten seinen Sprengstoff-Charakter unter Beweis gestellt. Seitdem fiebert insbesondere der US-Bankensektor etwas paralysiert umher, die Bank of America (BoA) schnauft unter 131,6 Mrd USD unrealiseriter Verluste in dieser Klasse. Mithin die größte Bank in den USA. Einstweilen wird gar die Hype-Blase bei Bitcoin darauf zurückgeführt. Was ist passiert?

Man erinnert sich an die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank im März. Eine Spezialbank mit simpler Bilanz, grundsätzlich mit Barvermögen und soliden (Staats-)Bonds der HtM-Klasse bestückt – Tendenz “Tafelsilber”. Zweifelsohne auch von staatlicher Seite so gewünscht! Mit den Zinssteigerungen auch in den USA, zogen insbesondere die Internet-Konzerne ihre Bareinlagen bei der Spezialbank (in Sekundenschnelle, 42 MrdUSD an einem Tag) ab. Das Tafelsilber musste verkauft werden, doch hatte dies mit den steigenden Zinsen bereits stark angesetzt.

In kürzester Zeit verzinste man Bonds weltweit höher, warum also langlaufende Bonds mit niedriger Verzinsung teuer kaufen? Der Markt war nur mit großen Abschlägen zu befrieden. Schleunigst wurde die Marktbewertung für diese Bonds fällig und deren Markt crashte gerade. Das Bilanzloch wurde zu groß, die Bank brauchte Staatshilfe – ein Eingreifen, das wohl einen Flächenbrand verhindern konnte. Insbesondere kleinere und mittlere Finanzinstitute ohne komplexe Anlagegelüste wären betroffen gewesen. Bitte schnell vergessen: So zeichnet die Verlustlast der BoA in der Quartalsberichterstattung zum 3. Quartal 2023 bloß noch eine Randnotiz.

Erst einschlägige Medien und der Bitcoin-Hype der vergangenen Wochen bringen die Thematik wieder aufs Tableau. Gilt indes Bitcoin als “Flucht-Asset” in Krisenzeiten? In der Tat hat der Krypto-Primus eine Rallye von 100 % hingelegt. Einerseits wird dies auf die (falschen) Gerüchte um einen Black-Rock-Spot-ETF auf Bitcoin zurückgeführt, andererseits führt jedes Bankenbeben wie die HtM-Problematik zu einem merkbaren Anstieg in der Krypto-Welt.

Letztlich könnten aber auch chinesische Konjunktur-Stimuli ähnliche Effekte haben, die im Falle von Bitcoin auf einen Markt treffen indem mehr als 60 % der Assets sich seit einem Jahr nicht bewegt haben.

Im Börsen-Kurier Nr. 44 am 2. November veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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