Wenn dieser Tage die Messe EXPO Real in München ihre Pforten für die internationale Immobilienszene öffnet, spekulieren Spaßvögel über die Verteilung von Anti-Depressiva am Einlass, um eine gute Messestimmung zu erzeugen. In der Tat hat der Sektor so wenig Positives zu berichten, dass der Griff zum künstlichen Stimmungsaufheller ein Funkerl Wunsch-Wahrheit in sich trägt. Das Zinsniveau und die Nachhaltigkeitsentwicklung gelten als die Haupteinflussfaktoren, die „normale” Aussichten blockieren. So ist es auch kein Geheimnis, dass der Transaktionsmarkt – mit wenigen Ausnahmen – nahezu zum Erliegen gekommen ist. Potenzielle Käufer warten auf die richtige Gelegenheit. Jede Individuelle Kaufentscheidung erfolgt unter höchsten Risikoabschätzungen, spekulative Elemente sind selten.
Traditionell sind auch die Immobilienkonzerne des Kursblatts der Wiener Börse gut vertreten. Ihre Aussichten sind durchwachsen: Eine CA Immo profitiert weiterhin von steigenden Mieten im Bürosektor für Toplagen und entsprechenden Verwertungen. Gar eine Sonder-Dividende auf Betreiben des Hauptaktionärs Starwood Capital steht im Raum. Der mit dem Homeoffice-Trend einhergehende Preisverfall trifft sie weniger hart.
Nicht eindeutig zeigen sich die börsennotierten Teile der CPI Gruppe: Entgegen rückläufigen Renditen am Handelsimmobilienmarkt konnte eine Immofinanz am Kurszettel bereits eine längere Hausse verzeichnen. Die Pleiten der Görtz, Gerry Weber, Galeria Kaufhof usw. trifft die Nahversorger-Stop-Shops wenig. Das Portfolio-Tetris mit unter anderem S Immo hat sicherlich einen weiteren Anteil am Investoreninteresse. Letztere konnte noch keine tiefgreifende Kurserholung verzeichnen. Angesichts des deutschen Energie-Effizienz-Gesetzes (fälschlich vulgo „Heiz-Hammer”) und Unklarheit über mögliche Kosten findet die Assetklasse „Wohnen” kaum Abnehmer. In Deutschland sind signifikante Preisreduktionen zu verzeichnen. Wenn, dann interessiert der Neubau. So ist es auch nicht verwunderlich, dass S Immo hier Altbestand trotz schwieriger Marktlage verkauft und sich auf Büroimmobilien konzentriert. Das angekündigte Aktienrückkaufprogramm zeugt von Selbstsicherheit.
Die Projekte der UBM Development strahlen diese Selbstsicherheit naturgemäß aus. Ist doch der Wiener Büroentwickler einer der Prominentesten, der der nachhaltigen Holzbauweise großräumig Platz einräumt. Dennoch haben Immobilienentwickler aktuell wenig Grund zur Freude. Baukosten, Kreditbedingungen und problematische Exit-Märkte erzeugen auch auf dem Kurszettel für Symptome der Verunsicherung – einen Kursverfall.
Fazit: Einer der Haupttreiber für Bewertungsfantasien und Immobilienentwicklung ist das Zinsniveau. Angesichts der aktuellen, unverhältnismäßig unsicheren Lage sind viele Modelle kaum ernsthaft zu berechnen. Erst mit einer Zinskonsolidierung kommt Planungssicherheit zurück – und die Käufer.
Dies ist der Hoffnungsschimmer, der auch Immobilienaktien wieder in den Fokus der Anlegeraufmerksamkeit lenken wird. Einstweilen sind die Zeiten des „leichten” Geldes dort vorbei und kommen auch schnell nicht wieder.
Im Börsen-Kurier Nr. 40 am 05. Oktober veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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