PFOF-Verbot: EU setzt sich gegen Neobroker durch
Das Geschäftsmodell des „Payment For Order Flow“ (PFOF) wird vor allem von Neobrokern und Trading-Apps genutzt. Hierbei erhält der Broker von größeren Wertpapier-Handelshäusern eine Vergütung für die Order. Vorteil: Eine solche Zahlung ermöglicht für kleine Auftragsvolumen günstige Transaktionskosten. Nachteil: Kosten-Intransparenz und Interessenskonflikte. Die Befürchtung der (Verbraucher-)Schutzorganisationen ist, dass sich der Broker aufgrund der (höheren) Rückvergütung für ein bestimmtes Handelshaus entscheidet und die Order nicht aufgrund des besten Kurses zugunsten des Kunden durchführt. Die EU strebt nun mit Übergangsfrist bis 2026 ein Verbot an. Betroffen davon sind besonders Kleinanleger mit Ordergrößen mit durchschnittlich ca. 500 EUR. Eine Verteuerung der Transaktionskosten ist möglich. Bei großen Orders ist der Handel über amtliche Börsen attraktiver.
Eine rechtliche Regelung könnte im Rahmen eines Updates der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II geschehen. Der IVA hat sich in der Vergangenheit gegen eine niederschwellig zugängliche „Glücksspiel“-Orientierung von Kapitalmarktprodukten ausgesprochen, daher unterstützen wir ein Verbot des PFOF.
Russische Ersatzaktien: Deutsche Bank bereitet auf Verluste vor
In einer Aussendung der Deutschen Bank an Eigentümer von russischen Ersatzaktien (Depositary Receipts) von Anfang Juni wird über neue Problemstellungen informiert: Die Konvertierung von Ersatzaktien in russische Originalpapiere kann nicht sichergestellt werden. Einerseits erfolgt ein Umtausch ohne Einbindung der Bank, andererseits sind die Originalpapiere teilweise nicht erhältlich. Nach Berichten der Agentur Reuters ist dies auf das Vorgehen russischer Behörden zurückzuführen. Betroffen sind Papiere von Aeroflot, LSR Group, Mechel und Novolipetsk Steel.
VirtGesG: Im Nationalrat verabschiedet
Kurz vor der parlamentarischen Verabschiedung des VirtGesG wurden von der Regierung noch Änderungen am Gesetzesvorschlag vorgenommen. Das Gesetz, dass künftig unter gewissen Bedingungen eine rein virtuelle Hauptversammlung bei börsennotierten Publikumsgesellschaften in Österreich erlaubt, wurde „verbessert“. Nach Beratungen im Justizausschuss wurde die Schwelle, mit der eine ordentliche Präsenz-HV erzwungen werden kann, auf 5% des Grundkapitals gesenkt. Nach Ansicht vieler ist diese Hürde in der Praxis nicht zu erreichen.
Der Nationalrat hat das umstrittene Gesetz gegen die Stimmen der gesamten Opposition verabschiedet. Nun muss der Bundesrat, in dem die Regierungskoalition über keine Mehrheit verfügt, darüber befinden. Die Notwendigkeit eines Beharrungsbeschlusses des Nationalrats ist daher möglich. In diesem Fall ist frühestens mit Beginn der neuen Sitzungsperiode Anfang September mit einem Inkrafttreten zu rechnen. Die im Gesetzesentwurf vorgesehene (unverständliche und willkürliche) Frist mit 14. Juli 2023 ist daher nicht zu halten.
Der IVA spricht sich weiterhin gegen das VirtGesG in der vorliegenden Form aus. Justizministerium und Regierungskoalition schlugen im Gesetzgebungsverfahren eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen mit Praxisbezug aus. Eine rechtssichere Lösung wurde dadurch verpasst.
BMF: Neuer KESt-Vorschlag in Diskussion
Finanzminister Magnus Brunner hat eine neue Variante für die KESt-Befreiung mit einer zehn-jährigen Behaltefrist in Form eines Kontomodells in Diskussion gebracht. Schema: Auf ein individuelles Konto wird angespart und thesauriert. Unklar ist, ob unabhängig von der Zehnjahres-Frist zB bei Rentenantritt oder Notlage eine steuerbegünstigte Auszahlung erfolgen kann. Offen ist auch, welche Beträge überhaupt ins Konto eingebracht werden können. Bis 2012 galt die „alte“ KESt-befreiende Behaltefrist von einem Jahr, danach konnte steuerfrei veräußert werden. Gerade von Kleinanlegern wird diese einfache und praktikable Lösung bis heute bevorzugt. Der Vorschlag des Finanzministers stieß nach anfänglicher Freude daher auf zunehmende Skepsis. Zusätzliche Administrationskosten, eine komplexe technische Umsetzbarkeit bei den Banken und letztlich die Wirtschaftlichkeit für den Anleger selbst wurden kritisiert.
Florian Beckermann
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